Stefan Diestelmann

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Stefan Diestelmann
Logo um 1978; © unknown
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Gründung 1975 Ost-Berlin
Wappen ostberlin.png


Stefan Diestelmann (* 29. Januar 1949 in München; † 27. März 2007 in Tutzing) war ein in der DDR gefeierter Blues-Musiker mit einer eigenwilligen West-Ost-West-Geschichte. Als Kind kam er wegen des Wohnsitzwechsels seiner Eltern im Jahr des Mauerbaus in die DDR. Doch der Wechsel fiel schwer - 1967 bekam er eine Bewährungsstrafe wegen Vorbereitung zum sogenannten ungesetzlichen Verlassen der DDR. Als Autodidakt an der Gitarre und Mundharmonika orientierte er sich am Blues. Nach verschiedenen Versuchen in den Amateurbands Teddys, Vai Hu und eher kurzem Mitwirken bei Engerling entschloss er sich zur Solo-Karriere bzw. 1977 zur Gründung der eigenen Stefan Diestelmann Folk Blues Band.[1] Dies traf den Nerv der Zeit und so konnte er nach Konzert-Erfolgen 1978 bei AMIGA eine LP veröffentlichen, die in Szenekreisen rauf und runter gespielt wurde. Das Intro des Reichsbahnblues („Heizt Du oder fährst Du“) entwickelte sich gar zum Erkennungsritual der Bluesgemeinde. Eine zweite LP folgte 1980, die zum Teil recht schonungslos die Tristesse in Ost-Berlin beschrieb – und dennoch durch die Zensur kam. Beide Platten gehören zum verinnerlichten Kanon der DDR-Szene. 1978 erhielt Diestelmann eine befristete Berufserlaubnis. Doch argwöhnig beobachteten die Funktionäre, dass Diestelmann „zweifelhaftes“ Publikum anzog und sich selbst an den Bluesmessen der evangelischen Kirche beteiligte. Dies führte zu Absagen von Konzerten und deutlicher Reduzierung der Medienpräsenz. Die dritte LP wurde zwar noch fertig, „kollidierte“ in der Veröffentlichung jedoch mit seiner „Republikflucht“, denn 1984 nutzte Diestelmann einen Auftritt in der BRD zum dortigen Verbleib – was in der DDR sofort zum Ausschluss aus den Play-Listen und vom LP-Verkauf führte. Somit fanden nur die bis dato parallel produzierten Kassetten den Weg in den Vertrieb, die LPs wurden jedoch nicht mehr in den Handel gegeben. In der Bundesrepublik erreichte er leider nicht die Resonanz wie in der DDR. Einige Jahre nach seiner Flucht zog er sich aus der Musik zurück und widmete sich mehr dem Filmgeschäft. Fatalerweise so erfolglos, dass sein Tod 2007 erst Jahre später öffentlich wurde. Posthum erschien eine 5er CD-Box mit Ost- und West-Aufnahmen von den Endsiebzigern bis 1994.

Berliner Konzerte mit Stefan Diestelmann [Bearbeiten]

Veranstaltung Ort
4. Juli 1982 Blues-Messe (Stefan Diestelmann, Hollys Band) Auferstehungskirche Friedrichshain
27. Mai 1979 Stefan Diestelmann Kino Studio-Camera
5. März 1979 Stefan Diestelmann, Frank Edwards Filmtheater International
10. September 1980 Stefan Diestelmann, Hansi Biebl Band, Jürgen Kerth Kulturpark Plänterwald
23. November 1978 DT 64 - Jugendkonzert (Rhythmus 78) Palast der Republik, Großer Saal
15. Oktober 1981 DT 64 - Jugendkonzert (Jim Kahr, St. Diestelmann, A. Weiz u. a.) Palast der Republik, Großer Saal
25. Mai 1978 DT 64 - Jugendkonzert (Blues-Party) Palast der Republik
Großer Saal
18. Mai 1979 Großer Jugendtanzabend (Keks, Elefant, Stefan Diestelmann u. a.) Palast der Republik, Großer Saal und weitere Aktionsflächen
21. März 1980 Großer Jugendtanzabend (Keks, Dialog, Drei, Diestelmann u. a.) Palast der Republik, Großer Saal und weitere Aktionsflächen
13. Januar 1984 Rock für den Frieden (Louisiana Red mit Stefan Diestelmann) Palast der Republik,
Großer Saal

Anmerkung[Bearbeiten]

  1. Zu deren Urbesetzung zählten Rüdiger Philipp (Bass), Dietrich Petzold (Violine), Bernd Kleinow (Mundharmonika) und Diestelmann selbst (Gesang, Gitarre, Banjo, Mundharmonika, Percussion) - siehe Rauhut: Ein Klang Zwei Welten, S. 196.

Weblinks[Bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten]

  • Rocklexikon der DDR, 3. Aufl., S. 78
  • Steffen Könau: Undercover mit John Mayall. Ein Besuch in Stefan Diestelmanns Erinnerungshotel. In: Michael Rauhut, Thomas Kochan: Bye, Bye, Lübben City. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Erweiterte Taschenbuchausgabe Berlin 2009, ISBN 978-3-89602-793-1. S. 261 ff. In diesem Buch gibt es noch div. weitere Hinweise auf St. Diestelmann.
  • Michael Rauhut: Ein Klang Zwei Welten. Blues im geteilten Deutschland, 1945 bis 1990. transcript Bielefeld 2016, S. 195 ff.

Discographie[Bearbeiten]

Stefan Diestelmann bzw. Stefan-Diestelmann-Folk-Blues-Band bei Discogs