Anlage:24. November 2009 Patrick Watson
- Bericht von Jörg Wunder im tagesspiegel
"Der Typ mit den Strubbelhaaren und der Schiebermütze, das ist Patrick Watson: ein 30-jähriger Kanadier, der mit der Verspieltheit eines jungen Cockerspaniels auf dem Flügel klimpert und eine Stimme hat, deren Spektrum vom Coldplay- Schmelz bis zur Tom-Waits-Kratzigkeit reicht. Aber die drei anderen sind auch Patrick Watson, obwohl sie Robbie Kuster, Mishka Stein und Simon Angell heißen und Schlagzeug, Bass und Gitarre spielen. Die Freunde bemerkten erst nach Jahren, dass sie vergessen hatten, sich einen Bandnamen auszudenken. Diese Art von Unbeschwertheit durchzieht auch ihre Songs, was sich in einer großen Kühnheit äußert. Das Fundament ist ein elegisches Folk-Freaktum.
Doch was bei Arcade Fire zum Korsett wurde, nutzen Patrick Watson als Sprungbrett. Mal walzert es zum Schrumm-Schrumm des bei einigen Stücken assistierenden Streichquartetts wie auf dem Rummelplatz, ehe ein Gitarreninferno die Harmonie zersägt. Dann erweitert Kuster ein Solo flink aufs Xylophon, oder Watson selbst imitiert mit Flüstertüte und Pömpel eine gestopfte Trompete. Später schnallt er sich ein Gestell mit fünf beleuchteten Lautsprechertentakeln um und stapft wie ein Alien durch die Menge. Welch brillanter Stilist er sein kann, beweist das hinreißende „Man Under The Sea“: Ehe der Song im maritimen Doo-Wop-Choral mündet, singt Watson mit der Hingabe und dem Tonfall des späten John Lennon. Das Publikum ist völlig aus dem Häuschen und erklatscht sich drei Zugaben, bevor es den vierfachen Patrick Watson entlässt."