Anlage:20. Juni 2002 The Breeders

Aus Rockinberlin
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  • Bericht von H.P. Daniels im tagesspiegel vom 25. Juni 2002

"Mit dem Album „The Last Splash“ haben die Breeders 1993 ihren letzten Platscher getan. Und sind unter eine Drogenwoge geraten. Mit wechselnden Mitstreitern war die vielversprechende Gruppe aus Boston immer die Band von Kim Deal, der ehemaligen Sängerin und Bassistin der legendären Pixies, die, wie David Bowie jüngst verkündete, neben Sonic Youth als einzige die achtziger Jahre definiert hätten. Dazu kam ihre Zwillingschwester Kelley, die wegen schwerer Heroin-Sucht auch gleich wieder gehen konnte. Jetzt sind sie wieder aufgetaucht, wiedervereint auf Album und Bühne. Die Schwestern spielen Gitarre und singen, und sehen sich zum Verwechseln ähnlich, mit denselben strähnig langen schwarzen Haaren. Butsch: burschikos, kräftig; Kelley: ziemlich voluminös. Und beide haben einen schweren Rockergang, hängen sich die Gitarren um wie Rocknrollmachos und knallen los. Sehr grob und roh. Die kleine Bühne des ColumbiaFritz lassen sie enger erscheinen als sie ohnehin schon ist. Die Reihe von Verstärkern ist dicht am vorderen Bühnenrand aufgebaut. Dass kaum Platz bleibt dazwischen für die Damen, den Bassisten, einen dritten Gitarristen, und den Drummer in der Mitte. Wie auf der Platte trommelt er ganz vorne, trocken und direkt. Es klingt wie eine Garagenband im Übungsraum: Laut, aggressiv, verzerrt, ungehobelt. Als würden Kim Deal die Songs gerade erst einfallen, während ihre Band ein bisschen rumprobiert, und eine Horde begeisterter alter Freunde hört zu. Wie der Bass knorpelt und achtelt. Gitarren rattern und spachteln. In Affenzahn oder Midtempo-Rumplern. Dazu der düstere, zwischen Monotonie und Melodie changierende Krähengesang Kims, der von Song zu Song krächziger wird. Bis kaum noch was da ist von der Stimme. Aber wen wundert’s: Sie rauchen und trinken wie die Bierkutscher, beginnen Stücke ohne Vorwarnung, spielen ein paar wüste Gitarrenriffs, brechen ab, nächste Nummer. Unfertige Schnipselsongs zwischen Punk und Grunge und Velvet Underground. Schön, aber auf die Länge dann doch ein wenig kurzatmig und eintönig. H.P. Daniels"