3. März 1975 Renft, Hansi Biebl Blues Band

Aus Rockinberlin
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3. März 1975
Renft, Hansi Biebl Blues Band
Ort Metropol-Theater Ost-Berlin
Quelle s. letzten LINK
Bands/Künstler
Renft
Hansi Biebl Blues Band
Gast Gerulf Pannach

Nach diesem Konzert wurde Gerulf Pannach das Auftreten verboten. Kurz danach auch die Band Renft selbst. Pannach und der Renft-Gitarrist Christian "Kuno" Kunert wurden 1976 festgenommen und kamen nach mehrmonatiger Untersuchungshaft und anschließender Ausbürgerung 1977 nach West-Berlin. In ihrem ersten Konzert in West-Berlin berichteten Pannach & Kunert auch über das hier relevante Konzert, bei dem zwar die Musiker noch ungeschoren, aber einige Besucher verhaftet worden sein sollen. Pannach schrieb über die Ereignisse einen Text,[1] den er auf dem West-Berliner Konzert zweieinhalb Jahre später vortrug:[2]

Ein Prager Frühlingstag in Berlin

Am 3. März zur Winterszeit zerrissen Frühlingsschauer das Winterkleid von Ost-Berlin - da sang ich nah der Mauer

im ausverkauften Metropol-Theater Frühlingslieder. Die RENFT-Band spielte Rock‘n‘Roll, den Blues sang HANSI BIEBL.

Kaum ging der Vorhang auf im Saal, da pfiffen von den Sitzen die Leute, die sich wieder mal umstellt von Polizisten

betrogen sahen um das Glück, nicht kontrolliert zu werden. Sie pfiffen auf die Rock-Musik und meinten die Behörden.

Die Worte, die ich abbekam, warn auch nicht grad von Pappe. "Hau ab, du Singeklubtarzan, Du Charly-Marx-Attrappe!

Wir brauchen keinen Frühlingsschmus, uns ist schon jetzt speiübel von den Polypen, wir wolln Blues - her mit Hansi Biebl!"

Ich sang das Lied vom Ersten Mai,[3] da mussten alle lachen. "He, bring uns solche Lieder bei! Nicht aufhörn, weitermachen!" -

rief mir ein strammes Mädchen zu - "Mensch, du hast unser Feeling! Du machst nicht auf die schicke Tour, ja, sing den Prager Frühling!"

Nie sah ich Menschen so befreit aufjuchzen, jubeln, johlen. Schon wollte die Staatssicherheit mich von der Bühne holen.

Für die Genossen von Guillaume war das ne harte Probe. Ich kam davon und schloß mich ein in meiner Garderobe.

Ich lebe in der DDR, noch gibt es hier Despoten. Drum wurde mir nach dem Konzert das Singen streng verboten.

Mit Leuten aus dem Publikum, die nicht rechtzeitig flitzten, ging man nicht halb so freundlich um: Es heißt, sie müssen „sitzen“.


(Gerulf Pannach, 1975)

Weblinks[Bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Abgedruckt in: Salli Sallmann (Hg.): Als ich wie ein Vogel war. Gerulf Pannach: Die Texte. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 1999, S. 116 f.
  2. Vermutlich dürfte dieses hier beschriebene Konzert das Einzige sein, dem ein beteiligter Künstler anschließend einen eigenen Text widmete.
  3. Darin ging es u.a um Presse- und Redefreiheit, Feiertags-Kult und vermeintliche Erfolge in der wirtschaftlichen Produktion und der internationalen Anerkennung der DDR. "Plauderei zum 1. Mai". Sallmann: Pannach-Texte, S. 50 f.